Rückgabe von Museumsobjekten an die Erben des Lüneburger Kaufmanns Hirsch Lengel
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Am Samstag, den 20.05.2017, fand im Marcus-Heinemann-Saal des Museum Lüneburg eine besondere Veranstaltung statt: die Rückgabe von Museumsobjekten an die Erben des Lüneburger Kaufmanns Hirsch Lengel.
Die systematische Provenienzforschung am Museum Lüneburg hat ergeben, dass der Museumsverein im April 1937 vom jüdischen „Produktenhändler” Hirsch Lengel in der Salzbrückerstraße 64 zwei Stücke Leinengewebe für neun Reichsmark ankaufte. Zu dieser Zeit war die Familie Lengel schon sehr stark unter Druck: Ihr Sohn Jakob wurde verhaftet und kurze Zeit später ins KZ Dachau gebracht, die Tochter Elisabeth bereitete ihre Auswanderung vor, und im Sommer 1937 wurde Hirsch Lengel endgültig verboten, sein Geschäft weiter zu führen.
- Leinendamast des frühen 17. Jahrhunderts aus Flandern oder den Niederlanden
- Detail: Judith mit dem Haupt des Holofernes
Die beiden 1937 erworbenen Textilien waren noch Teil unserer Sammlung: zwei große Leinentüchter mit eingewebten biblischen Motiven, Leinendamast des frühen 17. Jahrhunderts aus Flandern oder den Niederlanden. Neun Reichsmark sind dafür auch 1937 als ein Preis unter Marktwert anzusehen.
Nach den 2015 zurückgegebenen Objekten der Familie Heinemann ist dies ein weiterer Fall von verfolgungsbedingtem Entzug von Kulturgut in der NS-Zeit, bei dem im Sinne der Washingtoner Prinzipien von 1998 eine faire und gerechte Lösung mit den rechtmäßigen Erben anzustreben ist.
- Berta Lengel geb. Lirt, geb. 1872 in Dombrowa, Galizien, gest. 1942 in Treblinka (Privatbesitz Erben Lengel)
- Hirsch Lengel, geb. 1873 in Dombrowa, Galizien, gest. 1942 in Treblinka (Privatbesitz Erben Lengel)
- Jakob Lengel, geb. 1907 in Lüneburg, gest. 1987 in New York (Privatbesitz Michael Lengel)
Hirsch Lengel und seine Frau Berta sowie vier ihrer sieben Kinder sind in verschiedene Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden, die sie nicht überlebten. Der jüngste Sohn Jakob Lengel, der über England in die USA auswandern konnte, besuchte in den 1980er Jahren – ermöglicht durch eine öffentliche Spendenaktion – noch einmal Lüneburg. Mit seinen Erben sowie anderen Nachfahren Hirsch Lengels in den USA und Kanada hat das Museum 2016 Kontakt aufgenommen.
Anlässlich einer Europareise kündigte nun Jakobs Sohn Michael Lengel relativ kurzfristig einen Besuch in Lüneburg an. Die Familie hat sich für eine Restitution entschieden, möchte die Objekte aber bis auf Weiteres dem Museum als Leihgaben überlassen. In einer kleinen Zeremonie am 20. Mai gab deshalb der Museumsverein die Leinenstücke an die Erben zurück. Anschließend konnte das Museum sie dann als Leihgaben in Empfang nehmen. Das Museum Lüneburg und der Museumsverein sind sehr dankbar für diese großzügige Geste. Die Leinendamast-Tücher werden zukünftig Teil der Ausstellung im Museum Lüneburg sein und die Geschichte der Familie Lengel erzählen.
Rückgabeurkunde (Deutsch/Englisch)(279 KB)
online-Artikel, 20.05.2017, Deutsches Zentrum für Kulturgutverluste:
Restitution: Museum Lüneburg gibt zwei Museumsobjekte an Erben nach Hirsch Lengel zurück
online-Artikel, 23.05.2017, Lüneburger Landeszeitung, Museum Lüneburg als Raum für Annäherung
Fernsehbericht auf Hallo Niedersachsen (leider nicht mehr online verfügbar)
Provenienzforschung am Museum Lüneburg