Die Revue bei Bemerode - Festliche Inszenierung der Macht

Eine Sonderausstellung im Museum Lüneburg

Seit 08.12.2023

Die Revue bei Bemerode - Festliche Inszenierung der Macht ©️ Historisches Museum Hannover
Die Revue bei Bemerode - Festliche Inszenierung der Macht ©️ Historisches Museum Hannover

Glücklich darf sich das Museum Lüneburg schätzen – kann es doch ab dem 8.12.2023 seinem Publikum als längerfristige Leihgabe aus dem Hause Hannover ein überaus seltenes Werk präsentieren: Es handelt sich um das Gemälde „Die Revue bei Bemerode“, das eine umfangreiche Militärparade vor dem englischen König Georg II., gleichzeitig Kurfürst von Hannover, im Jahre 1735 zeigt.

Aufgrund der Sanierung des Historischen Museums Hannover findet das Gemälde auf Wunsch des Eigentümers, Ernst August Erbprinz von Hannover, eine Zeitlang einen Platz im Museum Lüneburg.

Besuchen Sie auch die Begleitausstellung und Vortragsreihe "Lüneburg, das Militär und die Welfen"

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Hofmaler Johann Franz Lüders

Vier Jahre benötigte der Hofmaler Johann Franz Lüders, um das Bild fertig zu stellen. Mit einer Höhe von 1,79 m und einer Breite von 8,08 m (!) wirkt es schon allein wegen seiner Größe imposant. Zudem bietet sich dem Betrachter eine liebevolle Detailgenauigkeit, die sich von dem Heeresaufmarsch bis in das Randgeschehen erstreckt; dort stehen Zuschauer der Parade in Grüppchen, plaudern, tanzen und zechen miteinander. Insgesamt sind über 2.500 Figuren detailgetreu dargestellt! So ist „Die Revue bei Bemerode“ ein einzigartiges kulturgeschichtliches Dokument, das im Museum Lüneburg eingebettet wird in eine Begleitausstellung, die den Blick auf die Geschichte Lüneburgs als Militärstandort und die Beziehungen von Stadt und Fürstentum zum Welfenhaus beleuchtet.

 

Das Gemälde „Die Revue bei Bemerode“ im Museum Lüneburg

Kurfürst Georg August (1683-1760) bestieg 1727 als Georg II. den britischen Thron. Zwölf Mal besuchte er seine deutschen Erblande, und stets fanden aus diesem Anlass Festlichkeiten, Jagden und militärische Paraden („Revuen“) statt. Mit den alljährlichen Musterungen unterzog sich das Heer der Prüfung durch den Herrscher, stellte sich zugleich aber auch öffentlich zur Schau. Von weit her strömte das Volk zusammen, um diese glanzvollen Demonstrationen der Macht zu erleben.

Das Gemälde „Die Revue bei Bemerode“ zeigt den Höhepunkt und Abschluss der Musterung von 1735: den Vorbeimarsch vor dem König. Das Bild ist die einzige erhaltene Darstellung einer solchen Parade und war für die Londoner Residenz Georgs II. bestimmt. Vier Jahre benötigte Hofmaler Johann Franz Lüders (1695- 1760), um es fertig zu stellen.

Dank seiner Detailgenauigkeit ist es ein einzigartiges kulturhistorisches Dokument. Im Hintergrund sind die Truppen aufmarschiert, in der Mitte – in roten Röcken – die Infanterie, auf den Flügeln die Kavallerie. Für viele Besucher scheint die Parade Nebensache zu sein: Im Vordergrund und am Rand des Geschehens stehen die Menschen zusammen, plaudern, tanzen, zechen und treiben Handel. Hofgesellschaft und Lakaien, Bauern und Bergleute vergnügen sich hier. So wird das Gemälde zu einem Kompendium der Trachten und der Mode aller Stände der Zeit um 1735.

Das Gemälde ist eine Leihgabe von Ernst August Erbprinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Aufgrund der Sanierung des Historischen Museums Hannover kommt es vorübergehend nach Lüneburg.

 

Detailinformationen und Ausschnitte des Gemäldes „Die Revue bei Bemerode“

Alle Abbildungen: Quelle und Copyright️ Historisches Museum Hannover

Auswärtige Beobachter und günstige Geschäfte

Auswärtige Beobachter, günstige Geschäfte©️ Historisches Museum Hannover
Auswärtige Beobachter, günstige Geschäfte

Nicht nur die Bevölkerung der näheren und weiteren Umgebung lockte die Revue, auch auswärtige Beobachter reisten an, wie die beiden preußischen Unteroffiziere, die an ihren blauen Uniformröcken mit den roten Schößen zu erkennen sind. Diese Gäste waren durchaus gern gesehen, demonstrierte die Parade doch Schlagkraft und Stärke des Heeres und damit die Macht des Landes. In der nächsten Gruppe werden Geschäfte getätigt: Ein jüdischer Kaufmann – mit dunklem Bart und ungepudertem Haar – bietet ein Schmuckstück feil, das von zwei Höflingen intensiv in Augenschein genommen wird.

 

Der Kammerdiener Mustapha

Der Kammerdiener Mustapha ©️ Historisches Museum Hannover
Der Kammerdiener Mustapha

1683 stand das türkische Heer vor Wien und das osmanische Reich kurz davor, die habsburgischen Lande zu erobern. Nur durch einen Zusammenschluss verschiedener westeuropäischer Länder gelang es, diese Gefahr abzuwenden. Noch bis 1699 dauerte der sog. „Große Türkenkrieg“, der weitgehend in Südosteuropa ausgetragen wurde. Zur Kriegsbeute gehörten auch türkische Gefangene, und es wurde an verschiedenen Höfen Mode, sie in den Dienst zu nehmen.

Auf diese Weise gelangte auch Ernst August Mustapha nach Hannover, der 1714 als Kammerdiener Georgs I. nach London zog. 1733, zwei Jahre vor Entstehung des Bildes, hatte er in Hannover ein Haus erworben. Die Revue besuchte er im reichbetressten roten Mantel, grauen Pluderhosen und weißem Turban.

 

König Georg II. und sein Sohn als Feldherren

König Georg II. und sein Sohn als Feldherren ©️ Historisches Museum Hannover
König Georg II. und sein Sohn als Feldherren

Im Zentrum des Bildes steht der König. In der Masse der Dargestellten fällt er dennoch erst auf den zweiten Blick ins Auge, da er wie die meisten Herren seines Gefolges einen roten Rock trägt und ein braunes Pferd reitet. Doch er allein trägt das blaue Band des Hosenbandordens, und als Einziger hat er sein Haupt nicht entblößt.

Georg II. gilt als der letzte englische König, der selbst als Feldherr in die Schlacht zog. Sein jüngerer Sohn Wilhelm Ernst, Herzog von Cumberland, wurde von Anfang an zum Heerführer erzogen.

 

Sohn Wilhelm Ernst, Herzog von Cumberland ©️ Historisches Museum Hannover
Sohn Wilhelm Ernst, Herzog von Cumberland

Der nächste Ausschnitt zeigt den Vierzehnjährigen vor der Reihe der Musiker reitend. Er trägt die aufwändige Uniform der Husaren; sein Pony ist am kupierten Schweif erkennbar.

 

 

 

Flotte Wagen und Tiroler Händlerinnen

Flotte Wagen und Tiroler Händlerinnen ©️ Historisches Museum Hannover
Flotte Wagen und Tiroler Händlerinnen

Die Zuschauer sind in unterschiedlichen Wagen vorgefahren. Der Auffälligste darunter ist sicher die rot ausgeschlagene Chaise vor den Zelten. Nicht nur die Farbe und die goldenen Beschläge fallen ins Auge, sondern auch der ungewöhnliche Typ des leichten, nur zweirädrigen Wagens, der vom Sattelpferd aus gelenkt wird. Ein „Sportcoupé“ sozusagen, an römischen Modellen der Zeit orientiert: Dies war der Wagen der „Maitresse en Titre“, Amalie Sophie von Wallmoden, der späteren Gräfin Yarmouth, deren Sänfte in der Kutschenhalle des Historischen Museums Hannover zu sehen ist.

Dahinter im Bild stehen, im grünen bzw. roten Dirndl, zwei weit gereiste junge Frauen: Es sind Südtirolerinnen, die hier im Norden ihre Spezereien feilboten.

Fröhliches Beisammensein

Fröhliches Beisammensein ©️ Historisches Museum Hannover
Fröhliches Beisammensein

 

Staatskarosse und Tafelgerät: Der Hof reist

Staatskarosse und Tafelgerät: Der Hof reist ©️ Historisches Museum Hannover
Staatskarosse und Tafelgerät: Der Hof reist

Auch wenn die Fahrt nur vor die Tore der Stadt führte: Zum offiziellen Anlass wurde der Staatswagen angespannt. Die im Bild dargestellte Staatskutsche Georgs II. wurde 1726-28 in Hannover gebaut; gut ein halbes Jahrhundert vor der „goldenen Kutsche“ seines Enkels Georg IV., die in der Kutschenhalle des Historischen Museums Hannover ausgestellt ist. Der Preis belief sich auf stattliche 11.410 Reichstaler. Acht Hengste zogen den Wagen – nur dem König stand diese Zahl zu –, und sie waren stets von besonderer Farbe. Zur Parade hatte man die sog. „Blauen“ angeschirrt. Ebenso prachtvoll wie der Wagen war das goldbetresste Kutschgeschirr.

Staatskarosse und Tafelgerät: Der Hof reist ©️ Historisches Museum Hannover
Staatskarosse und Tafelgerät: Der Hof reist

Dasselbe gilt für die Schabracken und Federbüsche der sechs Maultiere rechts. Sie transportierten das königliche Tafelgeschirr, denn der Hof wollte nicht nur reisen, sondern auch speisen.

 

 

 

Serviceinformationen zur Ausstellung

Eintritt: 8,- € (regulär); 4,- € (ermäßigt), für Kinder und Jugendliche unter 18 freier Eintritt
Führungen: Gern bieten wir Ihnen individuelle Führungen für Gruppen an.
Bitte wenden Sie sich an: buchungen@museumlueneburg.de