Der Lüneburgit
Ein unauffälliger Zeuge der Lüneburger Stadtgeschichte
So unscheinbar diese weiße Knolle ist, ahnt man auf den ersten Blick nicht, was für eine Geschichte sich hinter ihr verbirgt. Es handelt sich dabei um einen Lüneburgit, ein weltweit selten vorkommendes Mineral, das hier in Lüneburg erstmalig gefunden wurde und daher seinen Namen nach seiner Typlokalität erhielt. Die Typlokalität ist in der Geologie und der Mineralogie der Ort, von dem die Probe eines Gesteins oder Minerals stammt, anhand derer die erstmalige wissenschaftliche Beschreibung erfolgte. Im Falle von Lüneburgit hat Herr Dr. Carl Nöllner erstmalig wissenschaftliche Versuche zur Zusammensetzung dieses neuartigen Minerals vorgenommen und 1870 in den Sitzungsberichten der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München beschrieben.
Lüneburgit ist ein phosphorhaltiges Magnesiumborat aus der Mineralklasse der Borate mit der chemischen Zusammensetzung Mg3[(PO4)2|B2(OH)6]·6H2O und entwickelt überwiegend feinfaserige, farblose, bräunlichweiße oder grüne Knollen. Lüneburgit kann in feinen Einzelkristallen bis hin zu faustgroßen Knollen vorliegen. Das im Museum Lüneburg ausgestellte Stück ist die bislang größte bekannte Knolle, die sich ursprünglich in der Privatsammlung ihres Finders befand.
Gefunden wurde dieses Mineral 1868 bei einem Bergbauversuch von Otto Volger, der im Westen der Stadt nutzbare Mengen an Kalisalzen vermutete. Volger hatte große Pläne mit seinem Bergwerk: Es sollten Stein-, Kali- und Magnesia-Salze gefördert und eine zweite Saline etabliert werden. Aber auch für alle anderen geförderten Materialien hatte er Verwendung: Lehm zur Produktion von Backsteinen, Sand zu Bau- und Glassand, Granitblöcke als Straßenbaumaterial, ein örtliches Lager an Kieselgur für Wasserglas und Dynamit, Kreidekalk für Löschkalk und zur Zementherstellung, Salz- und Magnesit-Mergel für Düngemittel, Gips und Anhydrit zu Bausteinen. Auch die gefundenen Lüneburgit-Knollen sollten zu Geld gemacht und in den Handel gebracht werden.
Drei Schächte wurden ab 1868 in den Lüneburger Untergrund abgeteuft, von denen der tiefste bis in 64 Meter Tiefe reichte. Das Grubenfeld erhielt den Namen „Volgershall“. Die Schächte und zwei Verbindungsstollen konnten zunächst trocken in den Untergrund eingebracht werden, aber eineinhalb Jahre später, im Dezember 1869, ereignete sich ein erheblicher Soleeinbruch, der die Stollen zu zwei Dritteln verfüllte. Nach anfänglicher Soleförderung wurde auch diese aus mangelnder Rentabilität eingestellt und der Hauptschacht 1888/1889 verfüllt. Bis in die 1950er Jahre wurden die beiden anderen Schächte noch als Grundwasserbeobachtungsbrunnen genutzt bis auch sie verfüllt wurden
Heute befindet sich eine Außenstelle der Universität auf dem ehemaligen Bergbaugelände. Nur der Name Volgershall für eine Straße sowie die Lüneburgit-Knolle im Museum Lüneburg erinnern noch an diese Episode der Stadtgeschichte, als Lüneburg ein eigenes Bergwerk bekommen sollte.
(Christina Broesike)
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