Ein Haus aus Papier – ein Hornissennest
Für die Bewohner des Hauses in der Stresemannstraße muss die Entdeckung dieses Gebildes auf ihrem Dachboden ein ziemliches Erlebnis gewesen sein. Denn hier hatte eine Hornissenkönigin entschieden, ihren Hofstaat zu gründen. Hornissen (wiss. Vespa crabro) sind die größten Vertreter aus der Familie der Faltenwespen. Mit einer Körpergröße von bis zu 2,5 cm – Königinnen können sogar bis zu 3,5 cm groß werden – und ihrem tiefen Brummen jagen sie vielen Menschen zunächst einen ziemlichen Schrecken ein. Dabei ist Angst in der Regel unbegründet: Hornissen sind friedliebend und bei der Nahrungssuche nicht auf Kuchen oder Limo aus wie ihre kleineren Verwandten, die Wespen. Für Gartenbesitzer kann ein Hornissennest in der direkten Umgebung sogar sehr hilfreich sein: Täglich bis zu 500 Gramm Insekten und andere Gliederfüßer verschwinden zur Fütterung des Nachwuchses im Nest, darunter viele Schädlinge.
Im Frühjahr verlassen Hornissenköniginnen ihr Winterquartier und machen sich auf die Suche nach einem geeigneten Platz für ihr Nest. Wenn keine natürlichen Quartiere wie Baumhöhlen zur Verfügung stehen, sind sie auch mit Schuppen, Vogelnistkästen oder Dachböden zufrieden. Zum Nestbau zerkaut die Königin Holzfasern, vermischt sie mit Speichel und formt aus dieser papierähnlichen Masse nach unten hängende Waben. Verwendet wird weiches, bereits morsches Holz, das sich gut verarbeiten lässt. Sobald Anfang Juli die ersten fünf bis zehn Arbeiterinnen geschlüpft sind, überlässt die Königin die weitere Arbeit wie Nestbau und Brutpflege ihrem wachsenden Hofstaat und verlegt sich nur noch aufs Eierlegen. Bis Ende des Sommers ist das Hornissenvolk etwa auf etwa 400-700 Tiere und das Nest etwa 60 cm hoch angewachsen. Mit etwa einem Jahr stirbt die Königin und wird damit deutlich älter als die Arbeiterrinnen, die jeweils nur etwa 4 Wochen alt werden. Nur die begatteten Jungköniginnen überwintern und gründen im nächsten Jahr ein neues Volk.
Das Zusammenleben mit Hornissen kann gut gelingen, wenn ein paar Verhaltensregeln beachtet werden. So sollte man einen Sicherheitsabstand von etwa fünf Metern zum Nest einhalten, Hornissen oder ihr Nest nie anpusten und den Flugeingang freihalten. Ohnehin muss man sich mit den Tieren arrangieren, denn sie stehen als gefährdete Art unter Naturschutz. Ihr Nest darf daher nur mit einer besonderen Genehmigung und von geschulten Personen umgesiedelt werden. Im Spätherbst verlassene Hornissennester dürfen entfernt werden, da Jungköniginnen im nächsten Jahr ein neues Nest bauen.
(Christina Broesike)
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