Lüneburgs Tafelrunde

Der beeindruckende Falttisch von der Burg auf dem Kalkberg ist das älteste bekannte Tischmöbel in Deutschland

Für Fans des Mittelalters hat das Museum Lüneburg einen echten Hingucker zu bieten: einen fast sieben Meter langen Bildertisch aus der Zeit um 1330. Fünf Medaillons mit biblischen Szenen sind von einem umlaufenden Fries aus 40 Wappenschilden mit dazugehörigen Helmen umgeben. Die Anordnung scheint einer ritterlichen Tischgesellschaft die Sitzordnung vorzugeben. Klar, dass man dabei an König Artus und die Ritter der Tafelrunde denkt.

Falttisch
Linke Außentafel des Falttisches mit Darstellung der Bindung Isaaks und Wappenfries (vordere Längsseite: Braunschweig, Lüneburg, Bayern, Habsburg). (Foto: Peter Eberts, Bamberg)

Zur Entstehungszeit war Herzog Otto II. von Braunschweig-Lüneburg Herr der stolzen Lüneburg, die auf den Kalkberg über der Stadt an der Ilmenau thronte. Der Nachfahre Heinrichs des Löwen gehörte zur einflussreichen Adelsfamilie der Welfen. Seine Ehefrau Mechthild aus dem Haus der Wittelsbacher war eine Enkelin des ersten Habsburger-Kaisers Rudolf und die Schwester Ludwigs des Bayern, der 1328 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt worden war.

Schmalseite des FalttischesDie Reihe der Wappenschilde beginnt auf der Längsseite mit den Braunschweiger Leoparden und dem Lüneburger Löwen, gefolgt von den Wappen Bayerns und Österreichs für die hochrangige Verwandtschaft der Herzogin. Die Folge zieht sich über weitere Fürstentümer bis zu kleineren Graf- und Herrschaften auf der gegenüberliegenden Seite. Ein Heraldiker hat um 1950 alle Wappen identifiziert und entschlüsselt, dass genau diese Zusammenstellung nur um das Jahr 1330 möglich war. Man kann sich die Versammlung durchaus als reale Tischgesellschaft vorstellen, die zu einer Festlichkeit auf der Burg zusammenkam. Demgegenüber symbolisieren die Wappen auf den Schmalseiten den weitreichenden Anspruch welfischer Herrschaft: Zu sehen sind hier unter anderem die Schilde des deutschen Kaisers und des französischen Königs – aber auch das Fabelwappen des sagenhaften „Sultans von Babylon“.

Falttisch im Ausstellungsraum „herrschen und herausfordern“
Der ausgeklappte Falttisch im Ausstellungsraum „herrschen und herausfordern“ (Foto: Peter Eberts, Bamberg)

Eine Besonderheit ist auch die Bauweise des Tisches. Die Außentafeln können über Scharniere zusammengeklappt werden, und die gesamte Konstruktion ist fest mit einem Untergestell verbunden. Dies macht den Lüneburger Falttisch zum ältesten heute bekannten Tischmöbel in Deutschland. Im Mittelalter war es lange üblich, Holzplatten auf Böcke zu legen und diese Tafeln nach dem Mahl wieder aufzuheben – was sich noch heute in der bekannten Redewendung („die Tafel aufheben“) widerspiegelt.

Der Falttisch kam 1371 nach der Erstürmung der Burg durch die Lüneburger Bürger ins Rathaus. Dort geriet er später in Vergessenheit. Erst 1928 wurde er wiederentdeckt. Als Exponat des Museums lässt der prächtige Bildertisch erahnen, was für ein bedeutender Herrschaftssitz die Burg auf dem Kalkberg im Mittelalter war.

(Ulfert Tschirner, Kurator für Kulturgeschichte)

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