Relikt eines untergegangen Dorfes im Landkreis Lüneburg
Das hier gezeigte Gefäß stammt von einer Grabung, die das Lüneburger Museum in den sechziger Jahren am Standort des untergegangenen Dorfes Hohenrohstorf, einer sog. Wüstung, durchgeführt hat. Es zeigt das für die slawische Keramik des Mittelalters typische Wellenbandornament, welches wir in größerer Zahl vor allen von den Burgwall- und Siedlungsgrabungen Mecklenburgs – und auch aus dem benachbarten Dahlenburg kennen. Keramik mit Verzierungen wie diese belegt, dass spätestens seit dem 9. Jahrhundert mit einer slawischen Besiedlung von Teilen des Gebietes östlich der Ilmenau gerechnet werden muss.
Bardowick und der unlängst unweit des mittelalterlichen Kastells am Höhbeck an der Elbe lokalisierte Ort Schezla werden 805 sogar als Grenzorte des fränkischen Reiches genannt, mit dem die slawischen Stämme der Region zuvor noch verbündet waren. Zu erwähnen sind weiterhin noch eine Reihe von frühen Gräberfeldern aus dem Gebiet östlich der Stadt Lüneburg, die eine Reihe von Parallelen im südlichen Ostseebereich aufweisen. Dazu gehört beispielsweise auch die Sitte, die Urnen mit den verbrannten Überresten der Menschen nicht im Grabhügel selbst zu bestatten, sondern stattdessen auf dessen Spitze zu deponieren. Auf einer ganzen Reihe von weiteren, hochmittelalterlichen Friedhöfen des östlichen Landkreises Uelzen und des benachbarten Wendlandes finden wir ebenfalls Menschen bestattet, deren Tracht slawische Elemente, wie z. B. die sog. Schläfenringe, enthielten. Sogar ein uraltes Steingrab unweit der nahe Hohenrohstorf gelegenen Wüstung Scharnhop enthielt Nachbestattungen aus dem Mittelalter.
Wann und aus welchem Grund die Bewohner Hohenrohstorfs ihren Ort aufgaben, ist nicht bekannt; denkbar ist jedoch auch eine Umsiedlung in das unfern gelegene und heute noch existierende Rohstorf. Aber auch im vorwiegend sächsisch besiedelten westlichen Teil des Landkreises Lüneburg existieren eine ganze Reihe von Wüstungen, von denen der untergegangene Ort Hillersbüttel bei Betzendorf der wohl bekannteste ist. Angeblich wurde er Opfer einer Brandkatastrophe, mit der die Bewohner heimgesucht wurden, um sie für ihren Hochmut zu bestrafen – ein Erzählmotiv, welches wir bereits aus der Bibel kennen. Tatsächlich wurde es wohl im Rahmen einer der zahlreichen Fehden des späten Mittelalters zerstört, die zwischen der aufstrebenden Stadt Lüneburg und den Herzögen geführt wurden und denen auch einige weitere Höfe im Raum Amelinghausen und Betzendorf zum Opfer fielen.
(Dietmar Gehrke, Kurator für die ur- und frühgeschichtliche Archäologie/ Kreisarchäologe)
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