Jütepötte

… wo man die schwarzen Töpfe brennt
und wo man Smör die Butter nennt.

Zu den keramischen Produkten, die auf den Lüneburger Märkten feilgeboten wurden, gehören auch die Jütepötte. Diese wurden - wie der Name schon andeutet - in Jütland produziert. Die Produktion war Frauenarbeit. Im Frühjahr, in den Monaten März und April, wenn die Winterarbeit des Flachs- und Wollspinnens beendet war, begann die Saison und erstreckte sich bis in den Herbst.

Jütepott, Gesamtansicht
Jütepott in typischer bauchiger Form mit Henkelchen (Foto: Stadtarchäologie Lüneburg)

Zur Formung der Gefäße waren nur einige einfache Werkzeuge vonnöten: ein ovales Brett, das auf den Schenkeln der bei der Arbeit sitzenden Töpferin lag, ein faustgroßer runder Stein zur Formung des Gefäßes und ein Glättstein. Einfache Messer dienten der letzten Überarbeitung des Gefäßes. Der Tonklumpen wurde auf das ovale Brett gesetzt. Während die Töpferin den Tonklumpen mit der linken Hand langsam drehte, brach sie ihn mit dem Daumen und anschließend mit mehreren Fingern der rechten Hand auf. So wurde langsam die Form herausgearbeitet, bis eine Wandungsstärke von etwa 1 cm erreicht war. Nun begann die Gestaltung des Randes mit Hilfe eines feuchten Lappens. Im selben Arbeitsgang wurde das Oberteil des Gefäßes fertiggestellt und gegebenenfalls ein Henkel angesetzt.

Glättspuren im Gefäßhals
Am inneren Gefäßhals sichtbar sind parallele Glättspuren (Foto: Stadtarchäologie Lüneburg)

Nach einer Trocknungsphase von zwei bis drei Stunden wurde schließlich das Unterteil des Gefäßes geformt beziehungsweise getrieben. Das halbfertige Gefäß ruhte nun auf den Schenkeln der Töpferin. Mit der linken Hand drückte sie den runden Stein in das Gefäß und trieb so langsam den noch feuchten Ton nach außen, indem die linke Handfläche die Form bestimmte. Bevor die Töpferin das Gefäß zur weiteren Trocknung beiseitesetzte, glättete sie die Außenseite mit einem runden Stein. Häufig wurden noch drei Standknubben an den Boden gesetzt, die später mit einem Messer beschnitten wurden.

Boden mit Standkubben
Typischerweise stehen die Jütepötte auf drei Standknubben (Foto: Stadtarchäologie Lüneburg)

Nach zwei bis drei Stunden war der Ton so weit getrocknet, dass er „lederhart" war. Nun erfolgte die Endbearbeitung. Für die Außenseite benutzte die Töpferin ein kurzes Messer mit einer gekrümmten Klinge, anschließend einen flachen Stein zur Glättung. Für die Innenseite nahm sie einen Löffel, um mit diesem innen Ton herauszukratzen und die Wandung vorsichtig zu verdünnen. Die Innenfläche der linken Hand sicherte wiederum von außen die Wandung und diente der Ermittlung der erreichten Wandungsstärke, bis ein „Kitzeln" in der Handfläche verspürt wurde. So konnte schließlich eine Wandungsstärke von etwa 0,5 cm erreicht werden. Um die Gefäße wasserdicht zu machen, wurde die Wandung poliert, dadurch wurden die Poren im Ton geschlossen. Hierbei polierte die Töpferin die Oberfläche nicht nur flächig, sondern verzierte diese durch intensiveres Polieren mit glänzenden Ornamenten (Kreuz, Spirale, florale Ornamente).

Glättung und Verzierung der Wandung
Glättung und Verzierung der Wandung (Foto: Stadtarchäologie Lüneburg)

Nach Abschluss der Gefäßformung und einer weiteren Trocknungsphase von vier bis fünf Tagen wurden die Gefäße geschmaucht, also vor dem Brand zunächst nur niedrigen Temperaturen ausgesetzt. Der eigentliche Brand der Gefäße erfolgte unmittelbar nach dem Schmauchen, so dass sie nicht abkühlten. Die Brenngrube war eine flache Eintiefung im Boden. Der Boden der Grube wurde mit einer flachen Schicht Heidetorf ausgelegt. Schließlich wurde der gesamte Stoß mit einer dünnen Schicht getrockneten Heidetorfs abgedeckt und rundherum angezündet. Das Feuer durfte nur langsam abbrennen oder besser nur glimmen, damit keine offene Flamme aufloderte. Abgebrannter Torf wurde ersetzt, bis nach sechs bis sieben Stunden die Töpfe glutrot und gebrannt waren.

Um eine letzte Reduktionsphase herbeizuführen, wurde die Grube mit Asche oder Erde abgedeckt. So wurde eine Sauerstoffzufuhr gestoppt, und die Gefäße erhielten ihre charakteristische schwarze Oberfläche.

Rußschicht am Gefäßboden
Durch das Kochen am offenen Feuer bildet sich an Boden und Wandung eine beträchtliche Rußschicht (Foto: Stadtarchäologie Lüneburg)

Die innere, vollständige Glättung ermöglichte ein Kochen in den Gefäßen, ohne dass sich Speisereste in den Poren absetzen konnten. Die kugelige Form der Gefäße verträgt besser Temperaturschwankungen, wie sie beim Kochen auftreten. Aber auch Bevorratung, besonders von sauren Speisen, gelingt vorzüglich in diesen Töpfen. Sie ergänzten das Anqebot bleiqlasierter Irdenwaren, die wegen ihrer giftigen Glasur problematisch in der Anwendung waren.

Im Jahre 1791 töpferten in der Gemeinde Ölgod und Varde 210 Familien mit einem Ausstoß von 630000 Gefäßen. Für das Jahr 1808 verzeichnen die Zollbücher von Varde 900 000 Jütepötte. Auf Pferdewagen erfolgte der Transport zu den Märkten oder den Häfen der West- und Ostküste Jütlands, wo sie auf Schiffe verladen und nach Norwegen, Schweden und Norddeutschland verhandelt wurden. Der Gewinn floss nach Abzug der Gewinnspanne der Zwischenhändler in die Region der armen Heidebauern Jütlands.

Das Ende der Produktion liegt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Veränderungen in der jütischen Landwirtschaft, die den Frauen die Töpferei nicht mehr ermöglichten, aber auch die Einführung neuer Kochherde und das Auftreten billigen Emailgeschirrs sind die Gründe.

Zumindest in Schleswig-Holstein war diese schwarze, polierte Irdenware gleichbedeutend für Jütland, wie folgende Verse belegen:

      Kennst du das Land von Gott veracht,
wo man aus Holz die Schuhe macht,
wo man die schwarzen Töpfe brennt
und wo man Smör die Butter nennt?

(Edgar Ring)

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