Schöner Wohnen in Modestorpe.
Frühmittelalterliche Grubenhäuser an der Kalandstraße
Bereits im Jahr 1974 konnten bei einer Ausgrabung unweit der St. Johanniskirche zwischen Kaland- und Haagestraße mehrere frühmittelalterliche Häuser dokumentiert werden.
Ganz überwiegend bestand die hier angetroffene Siedlung aus sogenannten Grubenhäusern. Hierbei handelt es sich um kleine hüttenartige Häuser, die maximal 6,4 x 3 m groß und in das Erdreich eingetieft waren (Abb. 1). Diese Bauweise sorgte für eine gute Dämmung und ein angenehmeres Raumklima. Archäologische Spuren im Boden ließen erkennen, dass die Wände der Grubenhäuser aus stabilen Holzpfosten und mit Lehm verputztem Flechtwerk bestanden. Für Wärme sorgten Feuerstellen bzw. Ofenanlagen aus Feldsteinen.
Zu welchem Zweck die Grubenhäuser an der Kalandstraße angelegt wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Möglicherweise dienten diese als Arbeitshütten – z. B. könnte ein Webgewicht als Hinweis auf den Standort eines Webstuhls gedeutet werden – oder vielleicht auch als beheizter Wohnraum.
In den Häusern konnten bei der archäologischen Ausgrabung zahlreiche frühmittelalterliche Fundstücke geborgen werden. Überwiegend Scherben zerbrochener Keramikgefäße geben in diesem Zusammenhang einen Einblick in den frühmittelalterlichen Alltag (Abb. 2). Die gezeigten Stücke sind eine Besonderheit, für die sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine exakte Parallele findet. Es könnte sich hierbei entweder um ein für das Lüneburger Stadtgebiet sehr seltenes Zeugnis einer Verschmelzung sächsischer und slawischer Töpfereitraditionen handeln. Oder es deutet sich eine völkerwanderungszeitliche Verzierungstradition an, die hier bis ins Frühmittelalter hineinreichte.
In jedem Fall erlauben die Fundstücke eine Datierung der Grubenhäuser ins 9. Jh. n. Chr. Somit stammen die derzeit ältesten frühmittelalterlichen Funde Lüneburgs aus der Kalandstraße. Sie liegen damit in dem Bereich, in dem die Siedlung Modestorpe lokalisiert wird.
Im Zentrum der Siedlung befand sich die 1174 erstmalig schriftlich erwähnte St. Johanniskirche, deren Vorläufer jedoch durchaus schon seit der Karolingerzeit als Taufkirchen am Ort bestanden haben können. Ob der in den fränkischen Reichsannalen genannte Ort Hliuni, an dem Karl der Große 795 sein Lager aufschlug, identisch mit dem späteren Lüneburg ist, lässt sich anhand der hier vorgestellten Funde nicht entscheiden. In jedem Fall legen sie jedoch nahe, dass bereits vor der urkundlichen Ersterwähnung Lüneburgs im Jahr 956 eine Siedlung an der Ilmenau bestand.
(Tobias Schoo)
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