Grüner Lachs mit Petersilie
Museum – drinnen & draußen, Teil 4
Im Brauhaus Lünertorstraße 4 wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts dem Braumeister Lachs auf einem niederländischen Fayenceteller serviert. Bei der archäologischen Untersuchung einer Kloake auf diesem Grundstück wurde der Teller mit einem naturalistisch dargestellten Lachs, über dem in Großbuchstaben „SALM“ geschrieben steht, gefunden. Zum Salmo salar, dem Atlantischen Lachs, trank der Brauer sicherlich ein „Verpenningber“, das im Gegensatz zum „Naleckelsze“, dem Leckbier, teurer war. Und dieser Konsum war auch zur Fastenzeit erlaubt.
Aus religiösen Gründen spielte Fisch in der mittelalterlichen Küche eine große Rolle. Zwei bis drei Wochentage – Freitag und Samstag, regional auch der Mittwoch – waren grundsätzlich fleischfrei. So gab es jährlich höchstens 210 – 220 Fleischtage. Und völlig fleischfrei waren die 40 Tage von Aschermittwoch bis Ostern, Quadragesima genannt. Diese Zeitspanne erinnert an das vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste. Der letzte katholische Propst, Johannes Koller, ließ über der offenen Feuerstelle in seiner Küche an einer Schnur 16 Rochen, 34 kleine Aale, zwei Bündel Spilinge und 11 Lachse zu Räuchern aufhängen.
Martin Luther dagegen schrieb: „Kein Christ ist zu den Werken, die Gott nicht geboten hat, verpflichtet. Er darf also zu jeder Zeit jegliche Speise essen“. Doch auch nach der Reformation spielte der Fisch in der Küche und auf der Tafel eine große Rolle.
Bei großen Feiern im Rathaus wurde Fisch aufgetragen. Während eines Ratsgelages 1503 aß man grünen Lachs mit Petersilie in Weinessig, dazu Stockfisch mit Zwiebeln und Rosinen, anschließend Stör in großen Stücken mit gelber Suppe, dazu schwarze Fische, darauf wurde grüner Hecht, in Salz gesotten, aufgetragen, dazu grauer grüner (frischer) Aal mit Rosinen. Erst dann gab es Braten in Mandelbutter und schon wieder Fisch: Man legte auf das Tafellaken Heilbutt, trockenen Lachs und Äpfel und Nüsse, danach reicht man Wasser und schließlich Konfekt:
Bei der Feier zur Huldigung des Landesherren 1593 gab es trocken gesottenen Karpfen, Hecht mit Speck und Korinthen, Neunaugen, Rotaugen und Barsche mit Butter. Zum Fisch wurden süße Soßen gereicht: zum Beispiel Karpfen mit einer Soße aus Fischbrühe, Essig, Wein, gebunden mit Lebkuchenbröseln, gewürzt mit Ingwer, Zimt, etwas Salz und viel Zucker und eingelegt in Rosinen.
Der Hafen war der Umschlagplatz für Fisch – die Straßennamen „Am Fischmarkt“ und „Am Stintmarkt“ erinnern daran. In Jahre 1302 wird das Heringshaus, das spätere Kaufhaus, genannt. Hering bester Qualität kam aus Schonen, konserviert mit Lüneburger Salz. An mehreren Stellen in der Stadt wurde Fisch angeboten. Vor der St. Johanniskirche gab es Verkaufsstellen, ebenso am Heringssteg vor der Abtsmühle, wo zahlreiche Verkaufsbuden für Heringe standen.
In den Warenlisten, die im Lüneburger Kaufhaus am Hafen angelegt wurden, werden Aal, Dorsch, Hering, Lachs, Scholle, Stint, Stockfisch und Stör aufgeführt. Seit 1365 musste Stint, der in Ewern ankam, drei Tage feilgeboten werden, Ausnahmen gab es nur bei warmem Wetter, wenn die Fische zu verderben drohten. Fisch kann man dort heute nicht mehr erwerben, aber in einem Restaurant fertig auf einem Teller angerichtet bestellen.
(Edgar Ring)
Prof. Dr. Edgar Ring ist Kurator für Archäologie und Leiter der Stadtarchäologie Lüneburg.
Serie „Museum – drinnen & draußen”, Teil 5
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