Lüneburg, 21. August 2025

Alte Funde erzählen neue Geschichte

Bereits im Sommer 2011 wurden im Hafenbereich der Lüneburger Innenstadt archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Die unweit des „Pons“ geborgenen Funde konnten jedoch erst im August 2025 abschließend ausgewertet werden und lieferten direkt eine stadtarchäologische Sensation: Im Schlick des ehemaligen Ilmenau-Ufers fand sich ein zugespitzter Holzpfahl, der im Frühling 1215 aus dem Wald geschlagen worden ist! Das an der „Salzstraße am Wasser“ gewonnene Datum ist somit die älteste naturwissenschaftliche Datierung in der gesamten Stadt Lüneburg und mehr als 50 Jahre älter als der bisherige Spitzenreiter aus der St. Johanniskirche.

Im Frühling 1215 in den Schlick der Ilmenau geschlagen – Ist der Lüneburger Hafen älter als gedacht?

Offensichtlich wurde der Bereich rund um den Hafen bereits deutlich früher aufgesiedelt, als dies bisher anhand der Schriftquellen zu vermuten war. Wieder einmal gelang es der archäologischen Forschung der Lüneburger Stadthistorie einen spannenden neuen Akzent hinzufügen.

Stadtarchäologe Tobias Schoo in der Ausstellung

Stadtarchäologe Tobias Schoo im Museum Lüneburg, wo einige der Funde zu sehen sind.
© Museum Lüneburg

Vom Ilmenau-Ufer zum belebten Stadthafen mit Salzspeicher

Die archäologische Ausgrabung dokumentiert erstmals lückenlos die stadthistorische Entwicklung des Lüneburger Uferbereichs vom Hochmittelalter bis in die Neuzeit. Neben dem Gründungspfahl von 1215 belegen spätmittelalterliche Entsorgungsanlagen und zwei Backsteinkeller eine frühe Bebauung und gewerbliche Nutzung im Hafenumfeld. Nicht zuletzt eine Dunggrube aus dem 13./ 14. Jahrhundert enthielt zahlreiches Fundmaterial, welches nun im Museum Lüneburg zu bewundern ist. Auch der an dieser Stelle 1573 errichtete und leider 1932 einem Brand zum Opfer gefallene Salzspeicher wurde archäologisch untersucht.

Botschaft der Täter von 1955, mit Autolack auf den Gedenkstein gesprüht: "By this victory communism could spread out in the heart of Europe. After 10 years it's time to see the common danger. Let's forget the past!"

3D-Modell des ausgegrabenen Kellers an der Salzstraße am Wasser.
© Tobias Schoo

Fast einzigartiger Fund in Deutschland: ein Ritterkrug aus England in Lüneburg

Da während des stadtarchäologischen Ausgrabungsprojekts auch herausragende mittelalterliche Funde – zu nennen sind ein auf dem europäischen Festland nahezu einmaliger Ritterkrug aus England, ein kunstvoll gefertigter Knochenkamm, ein Zapfhahnfragment und vieles mehr – geborgen wurden, bietet das Museum Lüneburg einen spannenden Einblick in die frühe Geschichte der Hansestadt Lüneburg. Die aktuellsten Erkenntnisse und eine Auswahl der schönsten Funde zeigt das Museum Lüneburg in seiner Ausstellung.

Stadtarchäologe Tobias Schoo hält die Fragmente des Ritterkrugs aus England in den Händen.

Fast einzigartig in Deutschland und im Wasserviertel ausgegraben: Teile eines Ritterkrugs aus England.
© Museum Lüneburg

Details und Stichpunkte zur Ausgrabung „Lüneburg im Frühling 1215“:

  • 2011 fanden auf der Parzelle „Salzstraße am Wasser 1“ archäologische Untersuchungen statt (Firma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR).
  • Auf der Ausgrabungsfläche fanden sich zu Beginn der Grabungen noch Reste eines mächtigen Backsteinspeichers, welcher 1573 errichtet wurde und 1932 einem Brand zum Opfer fiel.
  • Die ältesten, unter der frühneuzeitlichen Bebauung noch erhaltenen Erdschichten sind natürlichen Ursprungs.
  • Dieser ehemalige Uferbereich der Ilmenau, fiel ursprünglich deutlich sanfter in Richtung Ilmenau ab (ehemals wies das Gelände eine Steigung von 6° auf).
  • Ein hochmittelalterlicher Hafen ist archäologisch noch nicht sicher nachgewiesen. Es besteht die Möglichkeit, dass hier bereits Schiffe an das flach in Richtung Ilmenau abfallende Gelände anlandeten.
  • Im Schlick des ehemaligen Ilmenau-Ufers fand sich ein zugespitzter Holzpfahl, der im Frühling 1215 aus dem Wald geschlagen worden ist (Analyse durch DendroLabor TH Lübeck).
  • Es handelt sich um die älteste naturwissenschaftliche Datierung in der gesamten Stadt Lüneburg und ist mehr als 50 Jahre älter als der bisherige Spitzenreiter (Dachstuhl der St. Johanniskirche aus den 1270er Jahren).
  • Der Bereich rund um den Hafen wurde deutlich früher aufgesiedelt, als dies Schriftquellen bisher belegen konnten.
Unter dem Salzspeicher von 1573 fanden sich weitere mittelalterliche Befunde:
  • Ver- und Entsorgungsanlagen aus dem 13./14. Jh. (darunter eine Dunggrube)
  • Zwei Backsteinkeller des 14. – 16. Jhs, deren Giebel zur Straße hin zeigten (giebelständige Backsteinhäuser mit (Teil-)Unterkellerung sind für diese Zeit in Lüneburg typisch)
Lageskizze der Grabung an der Salzstraße am Wasser
Lageskizze der Grabung an der Salzstraße am Wasser

Skizze mit Überblick über das Grabungsfeld an der Salzstraße am Wasser.
© Tobias Schoo

Historie des Grundstücks:
  • Ab 1502 befand sich die komplette Parzelle im Besitz des Fernhändlers Clawes Kroger.
  • Mindestens seit 1573 besaß diese Parzelle auch Brauereirechte und  Kroger ließ 1517 das an der „Lüner Straße“ gelegene Haupthaus errichten (heute ist dort das „PONS“ angesiedelt)
  • 1822 gehörte zu dem großen Anwesen u. A. ein Pferdestall mit Wohnsaal, ein Brau- und Haushaltsgebäude, eine Nebenwohnung und zwei Anbauten.
Das archäologische Fundmaterial zeigt einen gehobenen mittelalterlichen Haushalt an, darauf deuten folgende Funde:
  • Ein auf dem europäischen Festland nahezu einmaliger Ritterkrug aus England,
  • mehrere kunstvoll gefertigte Knochenkämme,
  • ein Zapfhahnfragment,
  • ein Bratspießhalter und ein Fettfänger aus Zieglerware.
Historische Fotografie des Salzspeichers an der Salzstraße am Wasser in Lüneburg. Im Vordergrund überquert die Brücke am Stint die Ilmenau.

Historisches Foto des Grundstücks am Stint mit dem 1932 abgebrannten Salzspeicher an der Ilmenau.
© Museum Lüneburg

Kontakt

Die hier veröffentlichten Fotos stellen wir Ihnen gern zum Abdruck zur Verfügung. Bei weiteren Fotowünschen sprechen Sie uns gern an.

Kontakt

Tobias Schoo
Stadtarchäologe und Kurator

Museum Lüneburg
Wandrahmstraße 10
21335 Lüneburg
T 0 41 31 – 720 65 – 50
t.schoo@museumsstiftung-lueneburg.de
www.museumlueneburg.de

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