Aquilofusus luneburgensis – filigrane Schnecke mit regionalem Namen

Geologische Themen aus Lüneburg waren an dieser Stelle schon mehrfach einen Artikel wert, ob als Mineral aus den Keuptertonen oder als Fossil aus der Oberkreide-Schicht. Auch an anderer Stelle ist Lüneburgs Geologie so bedeutsam, dass sich Lüneburg gleich zweimal namensgebend in der Wissenschaft verewigt hat.

Aquilofusus luneburgensis
Aquilofusus luneburgensis – filigrane Schnecke mit regionalem Namen (Foto: Museum Lüneburg)

Als erstes sei eine Schnecke genannt, Aquilofusus luneburgensis (PHILIPPI IN VOLGER, 1845), die ohne deutschen Trivialnamen auskommt. Es handelt sich um eine fossile Art, die nur etwa 2,5-4,5 cm groß wurde und am Meeresboden lebte. Die tonhaltige Schicht, in der A. luneburgensis gefunden wurde, und andere Fossilien in derselben Schicht lassen auf einen Weichboden mit feinem Sediment und fehlendem Licht schließen, wie es bei einer Wassertiefe von 50-100 Metern typisch ist. Vermutlich ernährte sich die Schnecke fleischfressend, da in dieser Wassertiefe ohne Licht keine Pflanzen mehr wachsen.

Dass diese Art Lüneburg in ihrem Namen trägt, ist dem Lüneburger Geologen GEORG HEINRICH OTTO VOLGER (1822-1897) zu verdanken. Für seine Dissertation im Jahr 1845 schickte er viele Fossilien, darunter auch bis dato unbekannte, an den damals renommierten Forscher RUDOLPH AMANDUS PHILIPPI (1808-1904), um sie von ihm bestimmen und ggfs. mit neuem Namen versehen zu lassen. Darunter diese Schnecke, von der VOLGER schreibt, dass sie häufig in Lüneburg zu finden sei. PHILIPPI wird also aufgrund der Häufigkeitsangabe von VOLGER den Artnamen Luneburgensis für dieses Fossil ausgewählt haben.

Gefunden wurde die Schnecke übrigens in 11 Millionen Jahre altem Glimmerton, einem in Norddeutschland relativ weit verbreiteten Schichtpaket aus dem Miozän, einem Abschnitt des Neogens. Und das bringt uns zur angekündigten zweiten Lüneburger Namensgebung: Wenn man das Miozän in Norddeutschland weiter zeitlich unterteilt, gelangt man zur regionalen Unterstufe des Lüneburgiums, das zeitlich am Übergang vom Mittel- zum Obermiozän verortet ist und etwa 1 Million Jahre andauerte. Geprägt wurde dieser Name 1952 von WINFRIED HINSCH, der sich in seinem Aufsatz mit Muscheln und Schnecken des neogenen Nordseebeckens beschäftigte. Der ursprüngliche Aufschluss hier in Lüneburg ist leider nicht mehr bekannt, befand sich aber vermutlich in einer Ziegelei-Tongrube. Der wichtigste Aufschluss für das Lüneburgium befindet sich in Groß Pampau in Schleswig-Holstein, aber wie auch bei der Namensgebung für Fossilien gilt: Wer (und damit oft auch wo) etwas zuerst beschreibt, gibt den Namen in der Wissenschaft vor.

(Christina Broesike, Kuratorin für Naturkunde)

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