Für jedes Töpfchen ein Deckelchen?

Der Zieglerdeckel vom „Langen Hof“ in Lüneburg

In der Verfüllung einer Backsteinkloake des 16./17. Jahrhunderts vom sogenannten „Langen Hof“ im Westen der Altstadt von Lüneburg konnte neben tausenden Keramikscherben auch ein nahezu komplett erhaltener Zieglerdeckel geborgen werden. Es handelt sich hierbei um ein besonders aufwendig verziertes Exemplar, dessen etwas mehr als zehn Zentimeter große Schauseite mit einem feinen Muster versehen worden ist. Zu erkennen sind mehrere Bildfelder, die mit runden Zirkelschlägen voneinander getrennt wurden. Gehalten wurde der Deckel an einem dicken Knauf.

Mit dem hier vorgestellten Stück vergleichbare Zieglerdeckel wurden überregional bereits seit dem 13./14. Jahrhundert in Ziegeleien hergestellt. Für die vorrangig auf die Produktion von großen Mengen an Baustoffen – insbesondere zahlreiche Formen von Backsteinen – spezialisierten Ziegeleien waren die kleinen Deckel hierbei sicher nur ein Nebenprodukt. Es ist daher auffällig, dass die uns aus Lüneburg bekannten Zieglerdeckel sehr individuell gestaltet sind. Offensichtlich war die Verzierung dieser kleinen Kunstwerke eine gern genutzte Abwechslung vom ansonsten eher eintönigen Arbeitsleben der in den Ziegeleien beschäftigten Personen.

Zieglerdeckel
Zieglerdeckel vom „Langen Hof“ in Lüneburg (Foto: Museum Lüneburg)

Doch wozu wurden die aufwendig verzierten Zieglerdeckel verwendet? Mit dieser Frage hat sich die archäologische Forschung bereits häufig beschäftigt. Zunächst wurde dabei an die in vornehmen Haushalten häufig vorkommenden Warmluftheizungen gedacht. Die Zieglerdeckel könnten als Verschluss für die runden Öffnungen, unter denen sich die Kanäle der Warmluftheizungen befanden, gedient haben. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Großteil der derzeit bekannten Heizungsöffnungen für Zieglerdeckel deutlich zu klein wäre. Hinzu kommt, dass die charakteristischen großen Knäufe der Zieglerdeckel eine ständige Stolpergefahr darstellen würden. So ist es wenig verwunderlich, dass etwa die in der Gerichtslaube des Lüneburger Rathauses vor den Sitzbänken eingebaute Warmluftheizung über ebenerdig abschließende Verschlüsse aus Bronze verfügt.

Unabhängig von der ehemaligen Nutzung des Lüneburger Zieglerdeckels ist hier ein schönes Stück Alltagsgeschichte der frühen Neuzeit in die Kloake gefallen!

(Tobias Schoo, Stadtarchäologe)

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